Ayla in Frankreich  

In den letzten Osterferien verbrachten wir –das sind Peter, Lisa, unsere Cattledogs Ayla und Joe und ich- wieder zwei Wochen in „unserem" Ferienhaus in Südfrankreich, in der Nähe von Perpignon. Wir hatten in den letzten Jahren schon mehrere sehr schöne Urlaubswochen dort verbracht. Das Haus liegt in einer kleinen Siedlung auf einem der Hügel zwischen Pyreneèn, Corbières und dem Mittelmeer. Dort gibt es keinen Durchgangsverkehr und keinen Massentourismus, es ist also ideal um den Urlaub mit Kindern und Hunden zu verbringen. Man hat dort alle Möglichkeiten, die man sich im Urlaub wünscht : in einer viertel Stunde ist man mit dem Auto am Mittelmeerstrand, in einer halben Stunde im lauschigen Corbiéres-Wald, man kann Ausflüge zu den eindrucksvollen  Katharer-Burgen (wie zum Beispiel Peyrepertuse ) oder in wunderschöne, glitzernde Grotten machen. Und natürlich durch wunderbare mediterrane Städtchen –wie Collioure oder Ceret- bummeln und dort einkaufen oder einfach im  Straßencafé sitzen.

Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen dort in Südfrankreich ist es, über die Wochenmärkte zu schlendern und all das zu bestaunen, was es bei uns nicht gibt. Unserer Tochter Lisa gefallen solche Marktspaziergänge auch sehr gut, Peter brauchen wir immer dabei, weil er der einzige in der Familie ist, der einmal Französisch gelernt hat und Ayla macht alles Spaß, wo es viel zu sehen und zu schnüffeln gibt. Nur Joe darf bei diesen Ausflügen nicht mehr mit, auf den Märkten in Frankreich laufen jede Menge „einheimische" Rüden herum und das ständige Kräftemessen mit denen stört den Verlauf eines solchen Familienausfluges doch etwas. Also wird er bei diesen Gelegenheiten immer zum Auto-Bewachen abkommandiert. ( Wobei ich glaube, daß ihn das zumindest im letzten Urlaub gar nicht gestört hat, allein im Auto hatte er wenigstens mal Ruhe vor Ayla ! ).

Nachdem wir also zwei Wochen mit täglichen Strandspaziergängen, verschiedenen interessanten Ausflügen und Stadtbesichtigungen zugebracht hatten, entschlossen wir uns, an unserem letzten Urlaubssamstag noch einmal den Bauernmarkt in dem Picasso-Städtchen Ceret zu besuchen.

Dort herrschte wie fast überall auf den Märkten ein dichtes Gedränge, und wir gingen wie immer in zwei Reihen an den Marktständen entlang: vorne Lisa und ich, hinter uns Peter mit Ayla. Zunächst entspannen sich auch die „marktüblichen" Dialoge. Vorne : „Mama, was ist das?"-„Getrockneter, gesalzener Fisch."-„Ihh!!"                                                                                                 

„Mama, guck mal das geschlachtete Huhn hat noch Füße dran!"-„Das war ein Hahn."-„Woher weißt Du das, Mama?"-„Der Kopf ist auch noch dran."-„Tatsächlich,igittigitt!" ; „Mama, die verkaufen ja auch lebende Hühner und Hasen, was machen die mit denen zu Hause?" - „ Wahrscheinlich schlachten."-„ Nein! Die sind doch so süß!" ; „Mama, ich wußte gar nicht, daß es sooo viele verschiedene Sorten Knoblauch gibt !"

                         

Und hinter Lisa und mir:„ Ayla, nicht fressen!" ; „Ayla, pfui ist das !" ; „ Ayla, du kannst nicht mit den Häschen spielen !" ; „ Ayla, nimm die Pfoten vom Verkaufstisch !" ; „ Ayla komm endlich weiter !" ; „ Ayla! Laß die Zwiebel liegen !"

                                                                                        

Lisa und ich wußten also immer, daß Peter und Ayla direkt hinter uns waren. Konnten wir sie auch in der Menschenmenge nicht immer sehen, hören konnten wir Peter praktisch die ganze Zeit.

Doch an diesem Samstag waren da auf einmal keine vertrauten deutschen Klänge mehr hinter uns, die das französische Stimmengewirr übertönten. Mein erster Gedanke war : „ Mèrde! Jetzt müssen wir die beiden in dem Menschenauflauf auch noch suchen !" Also drehte ich mich um , um keine Zeit zu verlieren. Aber meine Nase stieß sofort an Peters Jacke, er war direkt hinter mir. Nur sagte er keinen Ton mehr und machte ein total resigniertes Gesicht. Auf meine besorgte Frage, was denn los sei, stöhnte er: „Ich geb’s auf." – „Was gibst Du auf ?"- „Ayla zu erziehen."- „Warum, was ist passiert ?"- Es folgte eine kleine Pause und ein bedeutungsvoller Blick zu Ayla, die sich mittlerweile hingelegt hatte und so unschuldig aussah, wie ein 6 Monate alter Cattledog eben aussehen konnte.

Dann brach es aus ihm heraus : „ Die da hat eben einem Franzosen das Ende von seinem Baguette geklaut !!!" Er zeigte auf den kleinen, netten roten Hund am Ende seiner Leine.

Das hielt ich natürlich für einen Scherz. Peter wollte mir doch bestimmt wieder einen Bären aufbinden. Ayla lag da , als könnte sie kein Wässerchen trüben. Sicher, ich wußte das sie ziemlich verfressen war (und ist!), aber so was würde sie doch nie...

Da wurden meine Gedanken von Lisa unterbrochen : „Mama, guck da geht der Mann, dem das Stück Baguette fehlt!" Und tatsächlich überholte uns gerade ein Franzose, der eine Zeitung unter dem Arm und ein Baguette „ohne Ende" in der Hand hatte. Das Brot hielt er hoch in die Luft, als er an Ayla vorbei mußte.

Und jetzt erzählte Peter, wie „es" passierte: der Mann hatte wohl zunächst sein Baguette zusammen mit der Zeitung unter den Arm geklemmt und war stehen geblieben um sich mit einem Bekannten zu unterhalten. Peter mußte also mit Ayla an ihm vorbei. Da der Franzose ein XXL-Brot gekauft hatte, reichte das eine Ende ziemlich bis zum Boden hinunter, jedenfalls genau bis in Aylas Schnauzenhöhe. Und beim Vorbeigehen hat sie halt einen herzhaften Biß von dem vermeintlich so freundlich angebotenen Brot genommen. Peter wäre am liebsten in den Boden versunken !

Gott sei Dank hat der Mann sich aber gar nicht darüber aufgeregt.

Oder stand er einfach unter Schock ? Jedenfalls hat er nur sein restliches Baguette in Sicherheit gebracht und nicht mit uns geschimpft. Wahrscheinlich hat er auch aus diesem Vorfall gelernt, nie wieder sein frisches, duftendes Brot in Hundenasehöhe über den Markt zu tragen.

Mittlerweile kann auch Peter über den „Marktvorfall" lachen. Wir haben diese Anekdote schon oft erzählt, und alle die sie bis jetzt gehört haben wissen : das war halt „typisch Ayla" und Ayla ist eben „typisch Cattledog" !    

                                               

© A. Kreusch '99


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