Der Pfannkuchenberg

Vor einiger Zeit hatte ich für unsere Tochter und mich zum Mittagessen Apfelpfannkuchen vorbereitet. In Erinnerung an meine Kindheit –in der „Äppelplätzjer" für mich eine Lieblingsmahlzeit war- und mit dem Gedanken daran, dass mein Mann Peter ein paar solcher Apfelpfannkuchen auch noch kalt sehr gerne zum Kaffe oder Abends beim Fernsehen genießt, hatte ich eine große Schüssel Teig angerührt und fast einen ganzen Korb Äpfel geschält, entkernt und in Ringe geschnitten.

   

Als Lisa dann aus der Schule kam, fing ich an, die in den Teig getauchten Apfelringe in Butter goldbraun zu backen.

Und zu meinem großen Erstaunen fand Lisa, dass Äpfel in Pfannkuchen ihr eigentlich gar nicht so gut schmecken, sie wollte doch lieber ihre Pfannkuchen wie gewohnt ohne Äpfel...

Also bekam sie ihre Pfannkuchen wie gewohnt.

Mir schmeckten die „Äppelplätzjer" zwar noch genauso gut wie früher, trotzdem: die Menge, die ich vorbereitet hatte, konnte ich allein natürlich nicht annähernd aufessen. Also stapelte ich die restlichen Apfelpfannkuchen zu einem großen appetitlichen, goldbraunen, duftenden Berg auf einem mit Küchenkrepp belegten Kuchengitter, in der Gewissheit, dass sie zumindest Peter später noch gut schmecken würden.

 

Nachdem ich gespült und die Küche wieder aufgeräumt hatte, stellte ich stolz und zufrieden meinen Apfelpfannkuchenberg in die Mitte des Eßtisches.

Während der ganzen Zeit meines Wirkens in der Küche lagen unsere ACDs Joe und Ayla wie immer unter dem Küchentisch. Joe schlief ganz friedlich und träumte offensichtlich lauter hundeschöne Sachen, ab und zu hörte ich ihn jiffen oder mit den Pfoten „laufen". Ayla war wie immer bei solchen Anlässen hellwach und beobachtete alle meine Schritte ganz genau, um sofort unter dem Tisch hervorschießen zu können, falls etwas Eßbares – und sei es auch nur ein Krümel - herunterfallen sollte.

Nachdem ich mit meiner Arbeit in der Küche fertig war, ging ich ins Wohnzimmer, um dort etwas aufzuräumen. Als ich die Küche verließ, erwachte Joe sofort, trabte hinter mir her, ließ sich im Wohnzimmer seufzend auf sein Hundekissen fallen und träumte dort sofort weiter.

Peter kam an diesem Tag früher als sonst nach Hause, und als er die Vorplatztür öffnete hörte ich ihn schon rufen:"Mmmh! Hier riecht es aber gut! Was habt ihr denn leckeres zu Mittag gegessen? Und wieder mal ganz typisch: an euren armen hungrigen Papa habt ihr nicht gedacht, dem laßt ihr nie was übrig...!" Natürlich dachte ich, er macht Scherze –diesen Berg Apfelpfannkuchen auf dem Küchentisch konnte er nicht übersehen haben- und antwortete ihm schon auf dem Weg in die Küche lachend: „Jetzt mach aber mal halblang, du wirst doch wohl zufrieden sein mit einem ganzen ..." Da war ich in der Küche angekommen und sah auf dem Küchentisch dasselbe, was Peter auch gesehen hatte: ein mit buttergetränktem Küchenkrepp belegtes Kuchengitter in der Tischmitte. Und sonst nichts.

Ungläubig und verständnislos sah ich Peter an. Vorhin war da doch noch....

Unter dem Küchentisch bewegte sich etwas. Langsam rollte sich ein kleiner roter Hund drunter hervor, der ungefähr so breit wie lang war.

Wir konnten es kaum fassen: Ayla hatte es fertiggebracht, diese ganze Riesenmenge an Apfelpfannkuchen auf eine Schlag zu verdrücken, und das völlig lautlos innerhalb kürzester Zeit.

Allerdings hatte sie jetzt ganz schwer daran zu tragen: sie sah aus wie ein unglücklicher Medizinball mit vier Beinen.

Peter und ich schauten uns erschrocken an und waren nahe daran, diesen dreisten Vielfraß auch noch zu bedauern. Aber als wir dann sehen mußten, wie der vermeintlich leidende und traurige Medizinball dem mittlerweile verschlafen aus dem Wohnzimmer aufgetauchten Joe eine ganze Menge spitzer weißer Zähne zeigte, offensichtlich in der festen Absicht von jetzt an diese gerade entdeckte Futterquelle Küchentisch gegen ihn zu verteidigen, gaben wir den Gedanken mit Ayla sofort zum Tierarzt zu fahren, wieder auf. So schlecht konnte es ihr ja wohl nicht gehen...

Und tatsächlich, Ayla überstand diese Freß-Eskapade ohne irgendwelche Problemen, wir bemerkten weder Verdauungsschwierigkeiten noch etwa Anzeichen von Appetitlosigkeit.

Seitdem achten wir alle gut darauf, nichts Eßbares auf dem Küchentisch zurückzulassen, wenn wir auch nur für eine Minute den Raum verlassen.

Aber na ja, das war halt mal wieder typisch Ayla, und ihr wißt ja: Ayla ist halt typisch Cattle Dog!

                                                                        © A.Kreusch '99

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